Frage:

Wieso ist die Contra-Lobby so stark?

Zu meiner Person:
Ich bin eine junge Bauingenieurin der Fachrichtung Wasser-, Abfall-,  Verkehrswirtschaft und habe letztes Jahr ein Weiterbildungsstudium Wasser und Umwelt der UNI Weimar belegt. Im letzten Semester hatte ich den Schwerpunkt Wasserversorgungstechnik.

Während meines Studiums habe ich die Probleme und Kosten einer kommunalen Wasserversorgung und die hohen Qualitätsansprüche an die Trinkwasserqualität kennen gelernt. Damit verbunden auch den hohen Bereitstellungsanteil d.h. die Fixkosten und den daraus resultierenden Wasserpreis der Abnehmer. Durchdas Spardenken und das Umweltbewußtsein der Kunden ist die Wasserabnahme gesunken. Hiermit wird die Rentabilität der kommunalen Wasserversorgung zum finanziellen Problem. Diese Zusammenhänge sind mir durchaus klar.

In meinem Skript wurde nun das Thema Regenwassernutzungsanlagen mit einem umfangreichen Kapitel bedacht. Verfasst durch einen Fachmann des DVGW. Dieses Skript hat mich dermaßen verärgert, da es zu 90% negative Aspekte einer Regenwassernutzungsanlage enthielt. Vom Vogelkot zur Unwirtschaftlichkeit bis hin zur Unfähigkeit der Monteure. Sprich: wir jungen Ingenieure sollen alle die Finger von einer Regenwassernutzungsanlage lassen und auch die Bauherren dementsprechend beraten. Zur gleichen Zeit habe ich in der Fachzeitschrift "gwf" ebenfalls einen negativen Bericht über Regenwassernutzung gelesen. Auf meine Frage an den Dozenten, wieso wir in Weimar Wasser und Umwelt studieren, aber eine umweltschonende Alternative durch Regenwassernutzung so negiert wird, habe ich keine Antwort bekommen.
Da kann doch was nicht stimmen

Aleksandra Beslic am 18.05.2001



Die Experten-Antwort von Detlev Steinle

Pioniere der Umwelttechnik kennen das Problem und kämpfen dagegen. Unter anderem wurde deshalb auch vor einigen Jahren die FBR (Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung) gegründet, die ein Gegengewicht zur Verunsicherungspolitik der Wasserversorger und des DVGW bilden soll (Der DVGW ist eine reine Interessenvertretung der Gas- und Wasserversorger). Der DVGW hat jahrelang Regenwassernutzung als nicht existent angesehen und sich geweigert technische Regeln oder Hinweise hierzu auszuarbeiten. Erst seit die Fachleute der FBR technische Regeln erarbeitet haben und einen DIN-Ausschuß (DIN 1989) initiiert
muß der DVGW auf die Regenwassernutzung reagieren, wobei er sich meist als Bremser versucht, ohne das Know how über und Argumente gegen Regenwassernutzung zu haben.

Die Reaktionen mancher Wasserversorger sind typisch und altbekannt. So haben sich die meisten Wasserversorger von öffentlichen Versorgungsunternehmen für die Allgemeinheit zu Wirtschaftsunternehmen mit Monopolstellung gewandelt, vergleichbar mit den bisherigen Stromkonzernen. Betriebswirtschaftliche Fehlentscheidungen mit übermäßigen Produktionserweiterungen für Wachstum, vorbei an der Marktentwicklung, müssen von den Zwangskunden bezahlt werden. So sollen nach dem ehrlichen Willen der Wasserwirtschaftsunternehmen die Verbraucher mehr Wasser verbrauchen, damit sich die Investitionen rechnen.

Die Regenwassernutzung stellt in diesem Monopolsystem eine ungewollte Konkurrenz dar, da die Zwangskunden sich bis zu 50% selbst versorgen können und somit die Umsätze des Wassermonopolisten sinken. Vergleichbar mit den Stromkonzernen sind
die Reaktionen und Argumente ähnlich wie bei den jahrelangen Angriffen gegen Solar- und Windstrom, wobei die Monopolunternehmen über Kapitalmacht und Sicherheit durch Zwangskunden verfügen.

Bei der neuen Trinkwasserverordnung, die am 17.2.2001 verabschiedet wurde, versuchten die Wasserunternehmen mit einem unscheinbaren Satz durchzudrücken, daß in Gebäuden das Wasser grundsätzlich in Trinkwasserqualität verwendet werden
muß (wie auch auf EU-Ebene in einem Entwurf versucht). Dies konnte durch fachliche Argumente mit Vorlage vieler Untersuchungen gegenüber der Bundesregierung verhindert werden. So ist nach der neuen TVO die Regenwassernutzung erwähnt und erlaubt. Für die Nutzung der Waschmaschine wurde ein Kompromiß gefunden, mit dem sich Leben läßt: Grundsätzlich ist die Nutzung
der Waschmaschine mit Regenwasser erlaubt, lediglich in Miethäusern muß zusätzlich ein Trinkwasseranschluß zur Verfügung gestellt werden, damit der Mieter selbst entscheiden kann, ob er mit Trinkwasser oder Regenwasser wäscht.

Dieser Kompromiß wird von den Wasserunternehmen trotz gesetzlicher Grundlage manchmal mißachtet und behauptet, die Nutzung der Waschmaschine mit Regenwasser sei unzulässig.

Die Wasserunternehmen arbeiten bei ihrem Kampf gegen die ungeliebte Konkurrenz der Regenwassernutzung gerne mit Streuung unbewiesener, oder falscher Vorurteile. Sicher kein faires Verhalten.

So gab es vor fast 10 Jahren negative Veröffentlichungen eines Dr. Moll aus dem Bundesgesundheitsamt. Dieser Dr. Moll ist weder Arzt, noch Biologe oder Chemiker und wußte weder über den richtigen Aufbau, noch über die mikrobiologischen Vorgänge in einer Regenwassernutzungsanlage Bescheid, wie er in einem Hearing gegenüber Regenwasserfachleuten, wie z.B. Dr. Wack, zugestehen mußte. Er hat sich einfach von seiner Fantasie über verschmutzte Dächer und Vogelkot leiten lassen und laienhafte Schlußfolgerungen gezogen.

Obwohl die Behauptungen des Dr. Moll bereits seit Jahren durch vielfache wissenschaftliche Untersuchungen widerlegt sind, geistern diese Fehlbehauptungen immer noch durch manche "Fachliteratur" und werden von Gegnern der Regenwassernutzung fälschlich benutzt.