Volkswirtschaftliche Vorteile der Regenwassernutzung

Kostensenkungen bei Städten und Gemeinden durch Regenwassernutzung

Sinnvolle und gerechte Gestaltung von Abwassergebühren

Regenwassernutzungsanlagen können je nach Standort und Auffangfläche bis über 50% Trinkwasser  beim häuslichen Wasserbedarf einsparen. In gewerblichen Anlagen können diese Einsparungen, je nach Anwendung und Auffangfläche, sogar bis zu 100% betragen. In der privaten Anlage des Autors wird, in Verbindung mit zusätzlichen Wasserspareinrichtungen, jährlich 70 m³ – 80 m³ Trink- und Abwasser eingespart und somit nur 30 m³ – 40 m³ Trink- und Abwasser mit der Gemeinde abgerechnet.
Durch die Substitution von Trinkwasser mit aufbereitetem Dachablaufwasser werden wertvolle Ressourcen an Grundwasser geschont und Abwassermengen reduziert. Ökologische und bauliche Schäden in Wassergewinnungsgebieten wie z.B. im hessischen Ried, im Vogelsberg oder in der Lüneburger Heide werden vermindert und Folgekosten erheblich gemildert.
Der Betreiber einer Regenwassernutzungsanlage spürt die Trinkwassereinsparung deutlich bei den Kosten für den Wasserbezug. Auch die Kosten für das Abwasser, die über den Trinkwasserbezug erfaßt werden, reduzieren sich im gleichen Maße. Dies ist aber nur ein Vorteil der Regenwassernutzung.

Seit die Regenwassernutzung sich von einer „Basteltechnik“ für ökologisch orientierte Verbraucher zu einer innovativen Gebäudetechnik mit hohem technischem Standard entwickelt hat, die zu deutlichen Kosteneinsparungen im Haushalt beiträgt, hat die Verbreitung von Regenwassernutzungsanlagen stark zugenommen. Parallel dazu mehren sich aber auch Stimmen, die der Auffassung sind, Regenwassernutzer würden die Kanalgebühren für die Entsorgung ihres genutzten Regenwassers der Allgemeinheit vorenthalten.

Betrachten wir nun den zweiten Vorteil der Regenwassernutzung:
Durch die Regenwassernutzung wird die tatsächliche Gesamtabwassermenge eines Gebäudes um die eingesparte Trinkwassermenge reduziert, wie in den nachfolgenden beiden Abbildungen vereinfacht dargestellt ist.

Abb. 1
Abb. 2

Die Regenwassernutzungsanlage bringt darüber hinaus nachfolgend aufgeführte Vorteile für die Gemeinde:

  • Reduzierung der kommunalen Abwassermenge
  • Reduzierung des Spitzenwassers durch die Funktion eines Regenrückhaltebeckens
  • Hochwasserschutz
  • Gleichmäßig verteilte Abwassermengen
  • Verringerung der Rückstaugefahr im Kanalnetz
  • Gleichmäßigere Abwasserqualität ohne Verdünnungen durch Regen
  • Bessere Reinigungsleistung im Klärwerk durch unverdünntes Abwasser
  • Einsparungen bei Ausbaukosten für Abwasserkanäle und Klärwerke
  • Daraus ist leicht zu erkennen, daß die private Regenwassernutzung kostensenkend auch auf der Abwasserseite wirkt und somit einen erheblichen Vorteil für die Allgemeinheit darstellt. Eine, wie zuvor erwähnte Meinung, ist daher als vorschnell und unüberlegt abzutun. Im Gegenteil stellt sich die Frage, ob private Regenwassernutzer nicht aufgrund der erheblichen abwassertechnischen Vorteile einen Bonus erhalten sollten?
    Wie werden Regenwassernutzungsanlagen bei den Abwassergebühren behandelt?
    Beschränken wir uns bei dieser Betrachtung auf das am stärksten verbreitete Abwasserentsorgungssystem - die Mischkanalisation -, sowie der häufigen Bausituation, daß der Speicherüberlauf an die Kanalisation angeschlossen ist.

    Hier ist ein einfacher Grundsatz zu beachten: Jeder Abwassereinleiter ist gleich zu behandeln!
    Das heißt: Wird für Dachablaufwasser in einer Gemeinde keine Abwassergebühr erhoben (keine Gebührensplittung), so darf auch für das Regenwasser aus einer Regenwassernutzungsanlage keine Gebühr erhoben werden, trotz häuslicher Nutzung. Wird eine Abwassergebühr für die Einleitung von Oberflächenwasser erhoben (Gebührensplittung), so ist auch das Abwasser aus der Regenwassernutzungsanlage gebührenpflichtig. In den Kanal eingeleitetes Regenwasser ist nach der Nutzung immer noch das gleiche Abwasser wie beim Regenereignis. Es wird lediglich verzögert und in kleinen Portionen in die Kanalisation abgegeben. Die Nutzung des Wassers ist bei der Kostenbetrachtung unerheblich, eigentlich sogar positiv, da zum einen das Dachablaufwasser sich in der Kanalisation ohnehin vermischt und zum anderen das Klärwerk genutztes, bzw. unverdünntes Abwasser besser verarbeiten kann.

    Die Praxis einiger Gemeinden, Abwassergebühren von Regenwassernutzern zu erheben, bei gleichzeitiger kostenfreier Entsorgung von Oberflächenwasser, stellt eine Ungleichbehandlung dar. Hier ist darauf hinzuweisen, daß Oberflächenwasser reguläres Abwasser darstellt, das sich mit den anderen Abwässern in der Kanalisation vermischt und anschließend im Klärwerk nicht mehr getrennt werden kann. Es muß als einheitliches, evtl. verdünntes Abwasser behandelt werden. Nach Auffassung des Autors stellt eine solche Abwassergebühr einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes dar.
    Regenwassernutzer verursachen tatsächlich weniger Abwasser als Nichtnutzer (vgl. Abb. 1 und Abb. 2). Es müßte daher auch dem hartnäckigsten Gebühreneintreiber als unzulässig auffallen, für weniger Leistung, also bei geringerem Abwasseraufkommen, die gleiche Gebührensumme zu verlangen wie bei höherem Abwasseraufkommen.

    Sicherlich hat eine Gemeinde bei genauer Betrachtung einen Gebührenausfall beim Regenwassernutzer, dies liegt aber nicht an der Regenwassernutzung, sondern an einer ungerechten Abwassersatzung, die Abwassergebühr ausschließlich aufgrund des Trinkwasserbezugs berechnet und nicht nach dem Verursacherprinzip.

    Gebührensplittung bei Abwasser ist vom Grundsatz her eine gerechte Gebührenberechnung. Leider wird diese Gebührensplittung - auch als Versiegelungsgebühr bezeichnet – vom Bürger oft als ungerechte Regensteuer mißverstanden. Kommunalpolitiker haben es häufig nicht verstanden, den Bürger richtig darüber zu informieren.
    Bei der Gebührensplittung wird die Abwassergebühr aufgeteilt in einen Anteil, der über den Trinkwasserbezug berechnet wird und einen zweiten Anteil für das Oberflächenwasser das in die Kanalisation eingeleitet wird. Bei richtiger Anwendung sinken für den privaten Haushalt dadurch die Abwassergebühren insgesamt, da die Kosten der Entsorgung des Oberflächenwassers ausschließlich nach dem Verursacherprinzip berechnet werden. Die Entsorgung des Oberflächenwassers ist nicht mehr in der Abwassergebühr über den Trinkwasserbezug versteckt. Praktisch bedeutet dies, daß z.B. eine vierköpfige Familie in einem Mietshaus nicht mehr über den Trinkwasserbezug die Kosten für das Abwasser z.B. eines Einkaufszentrums mitbezahlen muß. Ein solcher Gewerbebetrieb verursacht durch die großen versiegelten Flächen der Gebäude und des Parkplatzes hohe Abwasserkosten durch Oberflächenwasser, zahlt aber durch den verhältnismäßig niedrigen Trinkwasserverbrauch geringe Abwassergebühren.

    In der nachfolgenden Beispieltabelle wird vereinfacht das Prinzip und der Unterschied in den Gebühren dargestellt, wenn nach dem Verursacherprinzip gerechnet wird:

    Abwassergebühren ohne Gebührensplittung

    Haushalt*:
    Gewerbe**:
    Gebühr gemäß Trinkwasserbezug 4,95 DM/m³:
    495,00 DM
    495,00 DM
    Gebühr für Oberflächenwasser 0,0 DM/ m³:
    0,00 DM
    0,00 DM
    Gesamtgebühren für Abwasser:
    495,00 DM
    495,00 DM

    Abwassergebühren mit Gebührensplittung:

    Gebühr gemäß Trinkwasserbezug 1,15 DM/m³:
    115,00 DM
    115,00 DM
    Gebühr für Oberflächenwasser 1,15 DM/ m³:
    69,00 DM
    690,00 DM
    Gesamtgebühren für Abwasser:
    184,00 DM
    805,00 DM
    * Haushalt = 100 m³ aus Trinkwasser + 60 m³ aus 100 m² versiegelter Flächen = Ges.-Abwassermenge 160 m³
    **Gewerbe =100 m³ aus Trinkwasser + 600 m³ aus 1.000m² versiegelter Flächen = Ges.-Abwassermenge 700 m³

    Die Abwassergebühr reduziert sich in dem Beispiel von 4,95 DM/m³ ungesplittet auf 1,15 DM/m³ gesplittet. In beiden Fällen erhält die Gemeinde annähernd die gleiche Gebührensumme von 990,- DM (889,- DM) für das zu entsorgende Gesamtabwasser von 860 m³, lediglich die Gebührenaufteilung verschiebt sich erheblich nach dem Verursacherprinzip.
     

    Da dieses Verursacherprinzip gerecht ist, gibt es bereits viele Grundsatzurteile, die Gemeinden unter bestimmten Voraussetzungen dazu zwingen, die Abwassergebühren zu splitten und gerechter zu berechnen. Ein Kriterium ist eine unterschiedliche Bebauung in der Gemeinde von über 12%, z.B. durch Gewerbegebiete.

    Bei dem Versuch Regenwassernutzungsanlagen in diese Gebührensplittung einzubinden, kommt es häufig zu abenteuerlichen Gebührenordnungen, die mehr Kosten verursachen als Nutzen bringen.

    Die Stadt Geisenheim im Rheingau hat sicherlich den ersten Preis verdient mit Ihrer Gebührenordnung. Ein Ingenieurbüro will errechnet haben, daß die Entsorgung des Regenwassers 0,90 DM/m² Auffangfläche und Jahr verursachen soll. Das entspricht bei der regionalen Niederschlagsmenge von 534 mm im langfristigen Mittel einem Entsorgungspreis von ca. 1,68 DM/ m³ Regenwasser. Alle anderen Abwässer verursachen nach dieser Berechnung als Schmutzwasser einen Kostenanteil von 3,95 DM/m³.  Wie diese Kostenaufteilung bei einer homogen vermischten Abwassermenge errechnet wurden bleibt wohl immer das große Geheimnis des betreffenden Ingenieurbüros. Vielleicht könnte dieses Ingenieurbüro auch einmal berechnen, wie die jährlichen Entsorgungskosten bei einem WC anfallen, aufgeteilt in einen Kostenanteil für die Fäkalien und einen Kostenanteil für das klare Spülwasser.

    Die Stadt Geisenheim hat aufgrund dieser Vorgaben in ihrer Gebührensatzung festgelegt, daß die Auffangflächen für eine Regenwassernutzungsanlage bei der Abwassergebühr für Oberflächenwasser herausgerechnet werden und dafür in die Anlage entsprechend Wasseruhren einzubauen sind. Über diese Wasseruhren wird dann die höhere Schmutzwassergebühr erhoben. Wenn der Betreiber einer Regenwassernutzungsanlage sich weigert auf eigene Kosten in die Anlage Wasseruhren einzubauen, wird seine Schmutzwassermenge aus einem komplizierten, 3-seitigen Berechnungsschlüssel geschätzt. In diesen Berechnungsschlüssel fließen Parameter aus angeschlossenen Waschmaschinen, WC, Personenzahl, Niederschlagsmenge, Auffangfläche (ohne Berücksichtigung eines Abflußbeiwertes), Anlagenwirkungsgrad, etc. ein. Die Stadtwerke, in Tateinheit mit dem städtischen Bauamt, gestalten dies so kompliziert, daß selbst ein Regenwasserfachmann Schwierigkeiten hat, diese Berechnung zu überprüfen und nachzuvollziehen.

    Gebührenmodelle in denen Wasseruhren für Regenwassernutzungsanlagen vorgeschrieben werden, sind häufig verbreitet. Oft wird in diesen Modellen übersehen, daß die Trinkwassernachspeisung ebenfalls mit einer Wasseruhr versehen sein muß, da sonst für das Nachspeisewasser doppelte Gebühren erhoben werden, einmal über die Trinkwasseruhr und zusätzlich über die Regenwasseruhr.
    Ebenfalls wird bei solchen Modellen übersehen, daß in die Kanalisation eingeleitetes Überlaufwasser von Zisternen nicht erfaßt wird.
    In einer Regenwassernutzungsanlage müssen bei diesen umständlichen Gebührenmodellen mindestens 3 Wasseruhren (je nach Rohrleitungsführung auch mehr) eingebaut werden:


    Fehler bei der Abrechnung, sowie unnötige Abrechnungskosten, die eine überflüssige Erhöhung der Gebühren zur Folge haben, sind bei solchen Modellen vorprogrammiert. In Untersuchungen wurde festgestellt, daß bei mittleren Städten durch den Unterhalt, das Ablesen und Verrechnen der verschiedenen Wasseruhren Kosten in Höhe bis zu 100.000,- DM im Jahr entstehen, die für die eigentliche Abwasserentsorgung fehlen.

    Wie häufig im Leben ist das einfachste Gebührenmodell auch das Beste, was bereits in einigen Städten erkannt wurde. Die Abwassergebühr für die Oberflächenwasserentsorgung ist gleich mit der reduzierten Abwassergebühr für die Schmutzwasserentsorgung. Für Dachablaufwasser wird gemäß der Gebührensplittung Abwassergebühr erhoben, unabhängig davon ob eine Regenwassernutzungsanlage betrieben wird, oder nicht. Es ist somit auch das in den Kanal geleitete Überlaufwasser des Regenwasserspeichers bei der Abwassergebühr berücksichtigt. Unnötige Kosten für den Unterhalt, das Ablesen und Verrechnen von Wasseruhren entfallen.

    Nach den eingangs in den Abb.1 und Abb. 2 aufgeführten Beispielen wird bei diesem einfachen Gebührenmodell die Abwassergebühr gerecht nach dem Verursacherprinzip berechnet. Die Gebühren werden dann wie folgt erhoben:

    Haushalt in:
    Abb. 1
    Abb. 2
    Abwassergebühr gemäß Trinkwasserbezug:
    100 m³
    40 m³
    Abwassergebühr für Oberflächenwasser:
    60 m³
    60 m³
    Gesamtgebühr nach tatsächlichem Abwasser:
    160 m³
    100 m³

    Regenwassernutzer zahlen für ihr eingeleitetes Abwasser Gebühren, wie jeder andere Einleiter auch, sparen aber neben Trinkwassergebühren zusätzlich die damit verbundenen Abwassergebühren.

    Zum Abschluß bleibt nur noch die Frage:
    Warum denn so einfach, wenn es auch so schön verwaltungsmäßig kompliziert geht?



    Abdruck und Vervielfältigung dieses Artikels ist nur mit Quellenangabe gestattet.